Aktuelles

Presse - HNA vom 13.01.2004:

"Dramatische "Winterreise"
Das Duo Lang/Lang führte Schuberts Liederzyklus auf

KASSEL. Franz Schuberts "Winterreise" gehört zum "heiligen" Kernbestand deutscher Musik, als eine weltliche Passion in ihrer Größe und Hochschätzung ein Gegenstück zu Bachs Passionsvertonungen. Wetterfahne, Lindenbaum, Krähe, Wegweiser und Leiermann sind uns vertraut wie nichts anderes auf dem weiten Feld des Kunstliedes. Und so sind die Erwartungen hoch, wenn der ganze 24?teilige Zyklus angekündigt wird. Nicht anders am Sonntag in der Emmauskirche, wo zusätzliche Stühle besorgt werden mussten, um den Andrang zu bewältigen.

Als Sängerin trat Anja Lang auf, begleitet von ihrem Ehemann Bernhard Lang, der dein Kasseler Publikum aus seinen Kapellmeisterjahren in der Stadt noch gut in Erinnerung ist. Anja Lang, dem Kasseler Staatstheater ebenfalls seit Kinderbeinen in verschiedenen Rollen verbunden, nahm die Liederfolge von der dramatischen Seite, gestaltete die so unterschiedlichen Stücke als eine kleine Handlung. Ihr Mezzosopran verfügt über ein leichtes Vibrato, das nur in größeren Höhen opernhaft daherkommt.

Sicher kann sie nur auf ein begrenztes Repertoire an stimmlichen Facetten zurückgreifen. Schuberts gelegentlich abrupte Stimmungswechsel wie in "Rückblick", wo die abschließenden Worte "vor ihrem Hause stillestehn" das Lied wundersam verklingen lassen, gehörten dann auch zu den weniger einprägsamen Momenten der Aufführung.

Beeindrucken konnte Anja Lang dort, wo die Seelenlandschaft des Wanderers in erregte Gefilde geriet, beim Auftauchen der Krähe oder im "Stürmischen Morgen". Hier passte sich die volumenreiche Stimme dem Gehalt gut an. Überhaupt waren es die Lieder der zweiten Hälfte nach dem Aufklingen des Posthorns, die besser gelangen.

Anja Lang hatte sich nun frei gesungen, stand souveräner über der Musik. So lag einer der stark berührenden Momente ganz am Schluss, beim Leiermann, dessen lyrisch?innige Klangfarbe nun in die Herzen traf. Bernhard Lang begleitete mit großer Gelassenheit, kräftig zupackend auch er und im Einklang mit der Sängerin auf eine größere Gefühlspalette verzichtend.

Johannes Mundry"

zurück