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Presse - HNA vom 20. September 2005:

Köstliche Früchte, schöne Aussicht
Das New Prazák Quartet spielte im Schloss Wilhelmsthal Mozart, Haydn und Dvorák

Von Georg Pepl

CALDEN. Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm. Oft ein zweifelhaftes Kompliment, nicht aber bei dem jungen tschechischen Geiger Štepán Pražák und seinem Cello spielenden Bruder Josef. Die Liebe zur Kammermusik erbten sie von ihrem Vater, dem Gründer des Pražák-Quartetts. Er betreut auch das New Pražák Quartet seiner Söhne, das bei einer Veranstaltung des Landkreises Kassel und des Fördervereins Louis-Spohr- Stiftung die Zuhörer im voll besetzten Musensaal von Schloss Wilhelmsthal hellauf begeisterte.

Köstliche Früchte wurden da gepflückt, und zwar nicht zu viele. Die beiden Pražáks - der Geiger Štepán hat 2004 Louis-Spohr-Wettbewerb in Kassel gewonnen - und ihre Partner Oleg Fedchuk (2. Violine) und Petr Verner (Viola) spielten Mozarts Divertimento D-Dur KV 136, Haydns Quartett g-Moll op. 74/3 und zwei Walzer op. 54 von Dvorák. Haydn, nicht selten nur zum Warmspielen missbraucht, markierte also den Mittelpunkt. Sein so genanntes Reiterquartett ist der bevorzugten Positionierung absolut würdig.

Einen warmen, noblen Klang sagt man tschechischen Streichern nach. Diese Tradition war bei den jungen Musikern durchaus zu finden, besonders natürlich in den langsamen Sätzen. Aber hinzu kam die Informiertheit über die heute gängige Aufführungspraxis des klassischen Stils. Das bedeutete neben Transparenz vor allem rhythmische Strenge und Straff heit: Drive heißt Letzteres neudeutsch.

Besonders mitreißend war der - als Zugabe noch eine Spur schneller wiederholte - Haydn'sche Finalsatz in einer dramatisch zugespitzten Lesart und mit knirschenden Akzenten, die wohl die Grenze der böhmischen Noblesse überschritten und zudem gar nichts mit einem harmlosen Haydnbild zu tun hatten. Was gibt es Schöneres, als den ewig unterschätzten Haydn in einem Rokokoschloss und mit Aussicht auf einen wunderbaren Park zu hören?

Ein Musensaal für Quartettmusik: Petr Verner (Viola; links), Josef Pražák (Violoncello) sowie Oleg Fedchuk und Štepán Pražák (Violine) bilden das New Pražák Quartet. FOTO: Fischer

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